Campus 2024 05a
CDU-Fraktion Tönisvorst sieht sich von der Verwaltung getäuscht und hintergangen

Tönisvorst, 19. Juni 2024

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Tönisvorst zeigt sich entsetzt über das Vorgehen der Verwaltung im „Zukunftsprojekt weiterführende Schulen / Campus“. Was ist passiert? Im Dezember 2022 wurde der Bürgermeister von den Fraktionen SPD, Grüne, GUT und UWT beauftragt, Gutachten auf verschiedenen Gebieten zur Umsetzung des Campus Projektes einzuholen. Ausgestattet wurde die Verwaltung dafür mit einem pauschalen Budget von rund einer Millionen Euro, gegen die Stimmen der CDU. Danach ruhte das Projekt für lange Zeit.

Erst im März 2024 stand das Projekt erstmalig wieder auf der Tagesordnung einer Ratssitzung. Auf Fragen bzgl. des aktuellen Umsetzungsstandes, antwortete Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (SPD) ausweichend oder konnte sie gar nicht beantworten. Anschließend wurde seitens der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, schnell ein Antrag auf „Ende der Debatte“ gestellt, der mit den Stimmen von SPD, GUT und UWT angenommen wurde und jegliche Nachfrage und Diskussion unmöglich machte.

Das machte die CDU stutzig: Was war in der Zwischenzeit passiert? Warum fällt die Beantwortung der Fragen so schwer? Kann oder will man nicht mehr sagen? Daraufhin beantragte die CDU Akteneinsicht, die erst nach Verzögerung und intensivem E-Mail-Verkehr gewährt wurde. Dabei kam Überraschendes zutage. Zum Beispiel, dass rund eineinhalb Jahre nach dem Beschluss von 2022 seitens der Verwaltung so gut wie nichts passiert ist. Obwohl jedem klar war, dass die weiterführenden Schulen dringenden Raumbedarf haben. Kurz zur Erinnerung: das Fachraumzentrum, welches die Raumnot behoben hätte, ist 2021 von der neuen Ratsmehrheit gestoppt worden.

Schon kurz nach Einleitung des Regionalplanänderungsverfahrens im Januar 2023 zeichneten sich erste Probleme ab. Insbesondere war erkennbar, dass die Bezirksregierung durchaus Alternativen zur Fläche am Wasserturm sieht. Dieser Sachstand wurde jedoch von der Verwaltung nicht kommuniziert. Sie hielt wider besseren Wissens weiter an der „Vision Campus“ fest und verursachte sogar weitere Kosten für diese unrealistische Planung. Es wurde lediglich ein einziges Gutachten in Auftrag gegeben, was den Vorschlag der Bürgerinitiative nochmal prüft, jedoch wieder mit den Grundannahmen des Münchner Lernhausmodells und der gewünschten Trennung der Schulhöfe. Zur Erinnerung: Beim Münchner Lernhausmodel handelt es sich in erster Linie um ein schulpädagogisches Lernkonzept, welches von keiner der beiden weiterführenden Schulen in Tönisvorst verwendet wird, es bläht den Raumbedarf so enorm auf, das dieser eine gute Argumentationsgrundlage für einen Neubau bildet, genauso wie die räumliche Trennung der beiden Schulen, sicherlich ein gut zu verstehender Wunsch, aber kein Muss bei der Tragweite eines solchen Projekts. Wenig überraschend kam das neue Gutachten somit zum gleichen Schluss wie die vorherige Machbarkeitsbetrachtung des gleichen Gutachterbüros.

Die Öffentlichkeit oder die politischen Gremien wurden hierüber nicht informiert. Denn was bei der Akteneinsicht deutlich wurde: Andere waren über diesen Stand aus erster Hand informiert. So durfte SPD-Ratsmitglied Hans Joachim Kremser exklusiv an Treffen des Bürgermeisters, Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der Bezirksregierung teilnehmen. Dies wurde allerdings beim ersten Termin der Akteneinsicht seitens der Verwaltung „vergessen“ zu erwähnen und erst auf erneute schriftliche Rückfrage der CDU bestätigt. Eine Unterrichtung des Rates hierüber ist ebenfalls nicht erfolgt. Bei diesem Termin bei der Bezirksregierung hat die Bezirksregierung auf die politische Neutralität der Behörde aufmerksam gemacht. (Sh. Gesprächsnotiz der Bezirksregierung vom 27.07.2023). Allerdings schien dem Bürgermeister die politische Neutralität einer Behörde vollkommen fremd zu sein. Eine Unterrichtung an die Mitglieder des Rates über diesen Termin hat zumindest nicht stattgefunden!

Dies führt dazu, dass der SPD-Fraktion exklusive Informationen vorliegen. Von Neutralitätspflicht haben der SPD Bürgermeister und einzelne Unterstützer in der Verwaltung ein ganz eigenes Verständnis. Ein weiterer wichtiger Punkt aus CDU-Sicht ist, dass am 29.06.2021, also zwei Tage vor der erstmaligen Vorstellung des Projektes Campus im Stadtrat, ein Termin bei der Bezirksregierung stattgefunden hat. (sh. Gesprächsvermerk vom 07.07.2021). Aus diesem Vermerk geht hervor, dass die Bezirksregierung der Stadt Tönisvorst sehr deutlich mitgeteilt hat, was eine Regionalplanänderung bedeutet und dass diese nicht so einfach durchzuführen ist. In diesem Termin 2021 wurde bereits die im März 2024 abschließende Version des Campus/Rumpfschule der „Parzellenunschärfe“ erwähnt und seitens der Bezirksregierung als einzig realistische Umsetzungsoption auf dieser Fläche gesehen.

Im Januar 2023 wurde dann von der Verwaltung offiziell bei der Bezirksregierung der Antrag auf Einleitung des Regionalplanänderungsverfahrens gestellt. Am 20.07.2023 erfolgte dann ein Termin bei der Bezirksregierung (sh. Vermerk vom 25.07.2023 der Bezirksregierung). In diesem Termin wurde auf einige Mängel der eingereichten Unterlagen hingewiesen.

Herr Kremser fungierte dann als Planungsausschussvorsitzender am 01.09.2023, indem er bei der Bezirksregierung anfragte, inwieweit Unterlagen der Bürgerinitiative bei der Bezirksregierung eingereicht wurden und welche Relevanz diese auf das Verfahren der Alternativenprüfung haben. Die Verwaltung entschied noch September 2023, erneut die Firma assmann mit der Begutachtung des Vorschlags der Bürgerinitiative kostenpflichtig zu beauftragen. Das Gutachten wurde bis heute den Ratsmitgliedern nicht zur Verfügung gestellt.

Bereits vor der Einbringung der Campus Vision im Juli 2021 gab es seitens der Verwaltung bzw. Herrn Kremser in Funktion als Kreisfraktionsvorsitzender der SPD mit der Bezirksregierung Austausch zum Verwaltungsneubau am Wasserturm. Der Terminvorbereitung (Dokument 12.03.2021 der BRD) mit Herrn Kremser zum Mailverkehr 12.03.2021 ist zu entnehmen, dass auch Herrn Kremser hier eindringlich über die Parzellenunschärfe als mögliche Bebauung des vorgesehenen Gebietes informiert wurde.

Für die CDU-Fraktion sieht das Fazit wie folgt aus:

Die Bezirksregierung hat sowohl die Verwaltung als auch Herrn Kremser (in verschiedenen Funktionen) auf die Schwierigkeit der Änderung des Regionalplans und alle hierfür erforderliche Schritte hingewiesen. Ferner hat die Bezirksregierung bereits im März 2021 über die Möglichkeit der Bebauung eines Teilstücks des Geländes am Wasserturm hingewiesen, die im März 2024 nun als neueste Variante des Campus der Politik vorgestellt wurde.

Die Verwaltung hat drei Jahre lang gegenüber der Politik geäußert, dass eine Regionalplanänderung kein Problem ist und man sich hier auf die Aussagen der Bezirksregierung beruft, was nachweislich nicht der Wahrheit entspricht. Man hat weiterhin ein kostenintensives Verfahren mit Workshops, Gutachten etc. betrieben, in Summe ca. 250.000 €, um an einer Variante festzuhalten, die von Anfang an aussichtslos gewesen ist und Kosten für die Tönisvorster Bürgerinnen und Bürger verursacht hat.

Den Schulen, insbesondere der RNG wurde suggeriert, dass alle Wünsche umsetzbar seien. Die Schule wurde als Fürsprecher des Campus instrumentalisiert. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung von rund drei Jahren müssen nun Container gekauft werden, um die Schüler der weiterführenden Schulen in ausreichend Räumen unterzubringen. Hierdurch fallen noch einmal rund 350.000 € an, die aus Sicht der CDU-Fraktion hätten vermieden werden können, wären die Hinweise der Bezirksregierung an die Stadtverwaltung bereits 2021 offen mit der Politik kommuniziert worden. Aus einem Telefonvermerk der Bezirksregierung geht hervor, dass die Verwaltung in Person von Herrn Friedenberg im März 2024 zugegeben hat, die Änderung des Regionalplans unterschätzt zu haben. Auch wurde ins Spiel gebracht, auf eine Änderung zunächst zu verzichten und den Verwaltungsneubau zu einem späteren Zeitpunkt zu realisieren.

Zum Schluss möchten wir auf das Neutralitätsgebot der Verwaltung eingehen. Das Neutralitätsgebot schließt Kontaktaufnahmen zu einzelnen Vertretern, einzelner Fraktionen nicht aus. Zum Zwecke der sachkundigen Beratung und mit dem Ziel politischer Effektivität können Austausche sogar naheliegend sein. Es ist aber dann zu beanstanden, wenn die verfahrensrechtlich geordneten Entscheidungsebenen nicht mehr getrennt, einseitige Absprachen über die weitere Verfahrensgestaltung getroffen und der Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde von vornherein durch aktive Einflussnahmen auf „politischer Ebene“ sachwidrig eingeengt wird. Die Behörde verliert dann die erforderliche innere Distanz und Neutralität zu dem Vorhaben, über das zu entscheiden allein ihr gesetzlich aufgetragen ist.

Die CDU-Fraktion sieht sich durch die SPD geführte Stadtverwaltung bewusst getäuscht und hintergangen. Hier wurden die Bänder für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erst einmal zerschnitten. Es stellt sich zudem die Frage, in welchen Themen wird / wurde noch so vorgegangen? Daher stellt die CDU-Fraktion folgenden Antrag in der Ratssitzung am 19.06.2024: Zur Prüfung des Informationsflusses der Verwaltung in Richtung Rat nach § 55 GO NW, sowie die Einhaltung des Neutralitätsgebotes für die Verwaltung im Bereich des Campus – Projektes soll ein externer Gutachter beauftragt werden.

Besonders Einhaltung der Zeitpunkte und Fristen zur Information und eventuell durch verspätete Information verursachte zusätzliche Kosten für die Stadt sind hierbei zu beachten. Lt. Bundesverfassungsgericht gilt: „Die Behörde verliert dann die erforderliche innere Distanz und Neutralität zu dem Vorhaben, über das zu Entscheiden allein Ihr gesetzlich aufgetragen ist.“ Ob dieser Grundsatz trotz der frühzeitigen Einbindung des Ratsmitgliedes Herrn Kremser, die in enge Zusammenarbeit zwischen Fachbereichsleitung und Herrn Kremser führte, eingehalten wurde ist ebenfalls durch einen externen Gutachter zu prüfen.

Foto: Ratsinformationssystem der Stadt Tönisvorst - Vorlage 168/2024

Das Foto zeigt eine Layoutplanung der Firma assmann zum Neubau der Gesamtschule am Wasserturm. Es fehlen die geplanten Parkplätze auf dem Gelände "Holterhöfe" (hinter Netto) an der Vorster Straße sowie die Sportanlagen auf dem Gelände Corneliusfeld.

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